Hannah Trageser lebt Breakdance

Hannah Trageser ist deutsche Meisterin im Breakdance. Und das ist für die Neuenhaßlauerin mehr als nur Sport: eine Lebenseinstellung. „Es gibt Leute, und da würde ich mich dazuzählen, die das so richtig leben. Man passt sich mit der Sprache an und auch der Style verändert sich.“ Die 20-Jährige trägt das auch in ihren Alltag. „Ich bin nicht nur während der Trainingszeit Breaker, sondern auch außerhalb.“
Hasselroth – Bei den Meisterschaften vor wenigen Wochen in Schwäbisch-Gmünd verteidigte Hannah Trageser ihren Titel aus dem Vorjahr und qualifizierte sich für die Weltmeisterschaften im kommenden Jahr in Dänemark. „Im Breakdance sind die Karten bei jedem Wettbewerb neu gemischt. Denn es gibt jedes Mal eine andere Jury. Und jedem Jurymitglied gefallen andere Moves. Es kann sein, dass man das eine Mal Erster wird und das nächste Mal wieder ganz hinten mit dabei ist“, erklärt die 20-Jährige, warum ihr der Meistertitel genauso viel bedeutet wie der im Vorjahr.
Neue Herausforderungen
Aber dieses Mal war noch etwas anders: Corona. Die strikten Regeln stellten die Teilnehmer vor ganz neue Herausforderungen. So war es den Sportlern nicht erlaubt, sich in der Halle aufzuwärmen. Das führte teilweise zu chaotischen Bedingungen: „Ich saß die ganze Zeit in dem uns zugewiesenen Sitzbereich und auf einmal kam jemand und hat gesagt, dass ich jetzt dran bin. Das war sicher nicht ideal, aber immerhin hat es überhaupt stattgefunden“, so Hannah Trageser.
Doch Corona hatte aus Sicht des talentierten Energiebündels auch Vorteile für ihre sportliche Weiterentwicklung. Im ersten Lockdown, als viele zwangsweise auf dem Sofa vor dem Fernsehen verharren mussten, richtete sich die Tänzerin mit der Hilfe ihres Vaters zu Hause einen Trainingsraum ein. Die viele freie Zeit nutzte sie und arbeitete an neuen Moves. „Ich bin aus der Pause gekommen und habe mich stärker gefühlt als vorher. Als das Training wieder losging, war ich topfit und die anderen aus meiner Crew ein bisschen eingerostet“, erzählt sie schmunzelnd.
Gelnhäuser Tanzgruppe Movin‘ Freaks
Die angehende Erzieherin ist seit acht Jahren Mitglied der Gelnhäuser Tanzgruppe Movin’ Freaks. Damals sah sie Werbung im Kino: „Daraufhin bin ich dort mal hingegangen, weil ich gesehen habe, dass sie dort Breakdance anbieten. Das wollte ich ausprobieren. Nach dem ersten Training habe ich mich direkt wohlgefühlt.“
Mittlerweile haben die Movin’ Freaks acht Mitglieder im Alter von 15 bis 33 Jahre. Seit ihrer Gründung 2009 haben sie sich zu einer der erfolgreichsten Breakdance-Crews Deutschlands entwickelt. So gelingt es ihnen nicht nur bei den Wettbewerben immer wieder Pokale abzuräumen, sondern auch mit Fernsehauftritten die Zuschauer zu begeistern. So zeigten sie ihre anspruchsvollen und kräftezehrenden Choreografien beispielsweise in der Karnevalsshow „Hessen lacht zur Fassenacht“ im Hessischen Rundfunk oder auch schon in der Boulevardsendung Maintower.
„Vier Mal die Woche trainieren wir gemeinsam in der Tanzschule. Dort denken wir uns die Choreografien aus, bereiten die Shows vor und wählen die passende Musik aus. Ansonsten mache ich viel Einzeltraining, damit ich Moves dazulerne und mich weiter verbessere“, gibt die Neuenhaßlauerin Einblicke in das Training.
Lieblinsgmove sind Headspins
Airplanes, Boomerang oder Head-Spins sind Begriffe, die für Moves im Breakdance stehen. Und die es in sich haben. Headspins sind Hannah Tragesers Lieblingsmove. Dabei ist nur der Kopf auf dem Boden, die Beine hängen in der Luft und sie dreht sich um die eigene Achse.
Manche denken bei Breakdance an eine lässige Jugendkultur und erwähnen die Tänzer in einem Atemzug mit Rappern, Graffitis oder DJs. Ist da etwas dran oder alles nur Klischees? „Was alle verbindet, ist, dass sie zur Hip-Hop-Kultur gehören. Bei unseren Wettbewerben ist es beispielsweise so, dass es einen DJ gibt, der live auflegt und wir auf die Beats, die er spielt, eingehen sollten“, erklärt Hannah Trageser.
Die Hochzeiten des Breakdance sind in den meisten westlichen Ländern vorbei. Doch das soll sich ändern. Und zwar 2024, wenn Breakdance zum ersten mal olympisch ist, auch wenn das einige in der Szene kritisch sehen und eine Kommerzialisierung ihres Sports befürchten. Vollblut-Breakerin Hannah Trageser sieht darin eine Chance: „Vielleicht sehen die Leute im Breakdance dann einen ernst zu nehmenden Sport. Vor einigen Jahren gab es noch nicht einmal ordentliche Trainingsschuhe für unseren Sport. Ich denke, die mediale Aufmerksamkeit wird unserem Sport guttun.“
Und natürlich hofft sie, 2024 bei Olympia in Paris dabei zu sein. Die Chancen, so ihre Einschätzung, stehen nicht schlecht. Zunächst einmal will sie sich allerdings auf die WM 2021 in Dänemark konzentrieren.