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Lohn für zehn Jahre harte Arbeit

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Von: Christian Düncher

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Ausgelassene Freude nach dem historischen Erfolg: Der Heusenstammer Sam Rainger (Vierter von rechts) und seine Mitspieler bejubeln die erstmalige Qualifikation für die Siebenerrugby-WM, die in Kapstadt stattfindet.
Ausgelassene Freude nach dem historischen Erfolg: Der Heusenstammer Sam Rainger (Vierter von rechts) und seine Mitspieler bejubeln die erstmalige Qualifikation für die Siebenerrugby-WM, die in Kapstadt stattfindet. © Rugby Europe

Sam Rainger vom Rugby-Klub Heusenstamm hat mit dem deutschen Siebener-Team Geschichte geschrieben: Die erstmalige Qualifikation für die WM soll aber noch nicht alles gewesen sein.

Offenbach – Sam Rainger erinnert sich noch genau an die steinigen Anfänge vor zehn Jahren. Als der Deutsche Rugby-Verband (DRV) seinerzeit das Siebener-Projekt startete, war man von den jetzigen Strukturen noch meilenweit entfernt. „Wir haben damals 150 Euro Sporthilfe erhalten und zusätzlich gearbeitet beziehungsweise studiert“, sagt der 31-Jährige vom RK Heusenstamm. Er selbst fuhr zu Beginn montags nach der Ausbildung in einem Offenbacher Autohaus zum Training des Nationalteams in Heidelberg. „Ich habe dort übernachtet und am Morgen wieder trainiert, damit ich um acht Uhr zurück auf der Arbeit war.“

Inzwischen hat Rainger einen Platz als Sportsoldat, von denen sich der DRV dank einer kontinuierlichen Weiterentwicklung zwölf erarbeitet hat. Anfangs waren es zwei, sagt DRV-Vorstand Leistungssport Manuel Wilhelm, der den gesamte Prozess von Beginn an entscheidend mitgestaltet hat. Zwei weitere Spieler haben Sportförderplätze bei der Polizei, für andere habe man individuelle Lösungen gefunden, berichtet Wilhelm. Auf diese Weise war es möglich, die geplante Zentralisierung konsequent durchzuziehen. Rainger: „Jetzt trainiert der Großteil regelmäßig in Heidelberg.“ Am Olympiastützpunkt Rhein-Neckar unter mindestens semi-professionellen Bedingungen. Das sei nahezu optimal, lobt Wilhelm: „Wir haben drei Büros, einen Physio-Raum sowie einen hoch-modernen Rugby-Fitnessraum“ Diesen haben die Spieler in Eigenregie eingerichtet - mit Geldern vom Bund. Sie zahlen es mit Leistungen zurück.

Bei den vergangenen vier Europameisterschaften holte Deutschland einmal den Titel (2019) und wurde dreimal Zweiter. Zuletzt gelang die erstmalige Qualifikation für die WM, die im September in Kapstadt (Südafrika) stattfindet. „Keine olympische Teamsportart hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren so entwickelt wie Rugby“, meint Wilhelm. Rainger kennt den Grund: „Die Strukturen sind viel professioneller als vor zehn Jahren.“ Zudem hätten zuletzt vermehrt junge Spieler den Sprung in den Kader geschafft. Das tat der Mannschaft im Allgemeinen und Rainger im Speziellen gut. „Wir haben nun eine größere Kadertiefe.“ Diese erlaubt es, dass die Ü30-Generation um Rainger nicht immer spielen muss. Die Folge: Der Heusenstammer, der in der Vergangenheit oft ausgefallen war, hatte in den vergangenen drei Jahren keine schwerere Verletzung mehr. Auch die pandemie-bedingte Pause des Spielbetriebs habe ihm gutgetan. „Mit zunehmendem Alter wird man zudem cleverer und hört eher auf den Körper“, sagt das 1,75 Meter große Kraftpaket.

Mit der WM-Qualifikation hat sich die Generation um Rainger einen Traum erfüllt. „Für ein paar von uns war es die letzte Chance, einige werden keine vier Jahre mehr weitermachen.“ Erst dann findet die nächste WM statt. Auch Rainger wird dann vermutlich nicht mehr dabei sein: „Mit über 30 Jahren muss man realistisch sein. Bevor ich aufhöre, wäre es aber schön, noch eins, zwei Jahre World Series zu spielen.“ In den vergangenen Jahren war Deutschland in der Qualifikation mehrfach knapp und extrem unglücklich gescheitert. In vier Wochen bietet sich in Chile die nächste Chance und diesmal gilt die DRV-Auswahl als Favorit. „Wir waren so oft nah dran. Diesmal wollen, können und sollten wir es schaffen“, gibt sich Rainger zuversichtlich. „Eventuell ist ja sogar noch die Olympia-Qualifikation drin.“

Erst mal geht’s aber um die Teilnahme am Turnierzirkus der Top-Nationen: „Es wäre sensationell, wenn ich mich mit dem Team für die World Series qualifizieren und zudem bei der WM zum Einsatz kommen würde.“ Phil Synman vom Trainerteam, einst Kapitän des südafrikanischen Nationalteams, stimmte die Spieler bereits auf das Event ein: „Er hat uns erzählt, wie krass es ist, in Kapstadt vor 60 000 Leuten zu spielen. Die Südafrikaner sind rugby-verrückt. Es wird eine unglaubliche Stimmung herrschen. Ich freue mich jetzt schon.“ Eventuell ist dann in Leon Hees ein weiterer Heusenstammer dabei. Der 29-jährige Blondschopf hatte bei der WM-Quali gefehlt, zumal er leicht angeschlagen war.

Von Christian Düncher

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