Omikron: Mathematiker berechnet, wie viele Corona-Infektionen es geben könnte

Die dominierende Delta-Variante könnte schon bald von der Omikron-Variante des Coronavirus abgelöst werden – mit verheerenden Folgen.
Frankfurt – Schon längst ist die erstmals in Südafrika entdeckte Omikron-Variante auch in Deutschland angekommen. Sie ist vor allem deshalb als gefährlich, da sie als deutlich infektiöser und der Impfschutz – zumindest ohne eine Booster-Impfung – als geringer gilt. Laut dem Mathematiker Kristan Schneider hat die Omikron-Welle jedoch gerade erst begonnen. Mit seinen Berechnungen zeigt er, wie sich die Corona-Infektionslage* in der kommenden Zeit entwickeln könnte.
Seit der Auftreten neuen Variante sind die Fallzahlen in vielen Ländern bereits deutlich gestiegen – so etwa in Dänemark und Großbritannien. Auch Deutschland bleibt davon nicht verschont, prognostiziert Schneider. Er geht davon aus, dass sich Omikron in kurzer Zeit flächendeckend ausbreitet und zur vorherrschenden Mutation wird. Um darzustellen, wie diese Ausbreitung abläuft und welche Maßnahmen erforderlich sind, um sie zu verhindern, erstellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sogenannte Modellrechnungen.
Omikron-Variante: 700.000 Corona-Neuinfektionen pro Tag wären möglich
Eine solche Rechnung fertigte auch Schneider an, der Professor an der Fakultät für Angewandte Computer- und Biowissenschaften der Hochschule Mittweida in Sachsen ist. Diese zeigt, dass die derzeitige Zahl an Neuinfektionen pro Tag mit einer Ausbreitung der Omikron-Variante massiv steigen würde. Der bisherige Spitzenwert an registrierten Neuinfektionen liegt bei 75.000 Ende November – hinzu kommen zahlreiche nicht registrierte Infektionen. Mit Omikron könnte sich diese Zahl allerdings um ein Vielfaches erhöhen: „In einem Worst-Case-Szenario sind in der Spitze bis zu 700.000 Neuinfektionen pro Tag leicht im Rahmen des Möglichen, wenn die Maßnahmen so bleiben wie jetzt.“, warnt Schneider gegenüber dem ZDF.
Grund dafür ist die Annahme, dass die neue Mutation im Vergleich zur Delta-Variante mehr als doppelt so ansteckend ist. Das seien jedoch nur Vermutungen: „Eine vernünftige Datenlage werden wir erst haben, wenn die Welle voll angerauscht ist. Dann ist es aber zu spät zu handeln“, so der Professor. Seine Berechnungen basieren daher auf unterschiedlichen Annahmen zur Ansteckbarkeit. Je infektiöser die Omikron-Variante, desto stärker die vierte Welle. Die Ansteckbarkeit beeinflusst zudem, ab wann Omikron andere Varianten verdrängt – und die Mehrheit der Infektionen ausmacht.
Omikron: Politik muss jetzt handeln, um eine Ausbreitung einzudämmen
Angenommen, Omikron hat eine höhere Ansteckbarkeit von 60 Prozent, wie viele Forscherinnen und Forscher vermuten, dann wäre dies bereits ab dem 21. Januar 2022 der Fall. Doch selbst wenn die Mutation lediglich 20 Prozent infektiöser ist, würde sie laut der Modellrechnungen von Schneider spätestens ab dem 22. Februar 2022 die Mehrheit der Ansteckungen ausmachen. Ob die Krankheitsverläufe durch Omikron erheblich schwerer sind, kann bislang nicht mit Sicherheit gesagt werden. Klar ist jedoch: Geimpfte und genesene Menschen sind vor schweren Verläufen deutlich besser geschützt als Ungeimpfte. Eine höhere Impfquote könnte eine rapides Ansteigen der Neuninfektionen demnach abfedern.
Um einen Kollaps der Intensivstationen und das Übersteigen von Testkapazitäten zu verhindern sowie das öffentliche Leben zu schützen, müsse man laut Schneider außerdem sofort reagieren: „Vernünftig ist es Massenveranstaltungen, Theater, Kinos, große Restaurants zu schließen, weil es hier sehr leicht zu Superspreader-Events kommen kann. In der initialen Phase der Omikron-Verbreitung kann das verheerende Folgen haben“, warnte er gegenüber dem ZDF. Neben Schneider appellieren auch zahlreiche andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Politik*, schnellstmöglich zu handeln, um die Ausbreitung der Corona-Variante einzudämmen. (tt) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.