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NFTs: Skurriler Trend oder Innovation?

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Von: Jan Lucas Frenger

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Mehr als ein reines Sammlerstück: Viele Branchen nutzen inzwischen NFTs, um exklusive Inhalte zu verkaufen. Manche Käufer wittern dabei das große Geld.
Mehr als ein reines Sammlerstück: Viele Branchen nutzen inzwischen NFTs, um exklusive Inhalte zu verkaufen. Manche Käufer wittern dabei das große Geld. © afp

NFTs befinden sich derzeit auf dem Vormarsch. Experte gibt Aufschluss darüber, was es mit der Krypto-Neuheit und dem damit verbundenen Hype auf sich hat.

Frankfurt – Derzeit herrscht ein regelrechter Hype um sogenannte NFTs. Die virtuellen Wertanlagen haben in den vergangenen Monaten mehrfach für Aufsehen gesorgt, wechselten sie doch für teils absurde Summen den Besitzer. So verkaufte das traditionsreiche Auktionshaus Sotheby’s im vergangenen September ein Paket aus 101 NFT-Kunstwerken für insgesamt rund 24,4 Millionen US-Dollar. Darauf zu sehen: Zeichnungen verschiedener Cartoon-Affen in teils schrillen Outfits.

Die Käufer, darunter prominente Sportler wie US-Basketballstar Stephen Curry, sehen NFTs häufig als Sammlerstücke oder Wertanlage mit großem Weiterverkaufspotenzial. Angesichts der enormen Summen dürfte der Hype an einigen Stellen jedoch auch für ungläubiges Kopfschütteln sorgen. Doch was verbirgt sich hinter den NFTs überhaupt und warum sind sie derzeit so beliebt?

NFTs: Einzigartig und vielfältig einsetzbar

NFT steht für „Non-Fungible Token“, also nicht austauschbare Token. Ein Token ist eine digitale Marke mit einem gewissen Wert. Neben Kunstwerken, wie die erwähnten virtuellen Affen-Bilder, können auch reale Vermögenswerte wie Rechte an Musik oder Aktienfonds darauf übertragen werden. „NFTs sind im Prinzip einzigartige technische Vehikel, die mit verschiedenen Dingen befüllt werden können“, sagt Philipp Sandner, Wirtschaftswissenschaftler und Leiter des Blockchain Centers an der Frankfurt School of Finance & Management.

Demnach sind NFTs individuelle, digitale Vermögenswerte, die nicht eins zu eins mit anderen getauscht werden können (non-fungible). Im Gegensatz zu Bargeld. Da eine 2-Euro-Münze immer den gleichen Wert wie eine andere 2-Euro-Münze hat, können sie beliebig oft gegeneinander getauscht werden (fungible).

NFTs in der Kunstszene: Spekulative Wertanlage

Insbesondere in der Kunstszene hat sich der Trend zu NFTs in den letzten Monaten breitgemacht und für Aufsehen gesorgt. Der Handel mit digitalen Gemälden findet überwiegend im Netz statt, mittlerweile existieren dafür zahlreiche Plattformen. Nutzer haben dabei auch die Möglichkeit, eigene NFT-Bilder zu erstellen und diese im Austausch gegen Kryptowährungen wie Bitcoin und Co. zu verkaufen. „Gerade junge Leute, die sehr viel im digitalen Raum unterwegs sind, nutzen NFTs, um sich zu profilieren und damit zu schmücken“, erläutert Sandner den Hype und zieht einen Vergleich mit Markenkleidung. Einige Nutzer sehen die Bildchen jedoch nicht nur als prestigeträchtige Sammlerstücke – sie wittern das große Geld. „NFT-Kunstwerke können schon interessante Investments sein, aber ähnlich wie bei traditioneller Kunst darf man nicht einfach blind vertrauen und muss sich intensiv mit dem Thema beschäftigen“, weiß der Blockchain-Experte.

Dabei komme es immer auf den subjektiven Wert an, der einem Bild beigemessen werde. „Aktuell ist das Thema im Kunstbereich total angesagt, aber ob es das auch in ein paar Jahren noch der Fall sein wird, bleibt abzuwarten“, sagt der 41-jährige Wirtschaftswissenschaftler.

Neben dem Kunstsektor gewinnen die digitalen Vermögenswerte aber auch in anderen Bereichen immer mehr an Relevanz. „Die NBA hat vor Kurzem angefangen, bestimmte Minuten in Basketball-Partien zu tokenisieren und als NFTs an Fans zu verkaufen“, nennt Sandner ein weiteres Beispiel für die vielfältige Nutzungsweise der Technologie. „Fan XY ist dann stolzer Besitzer dieser Minute.“

Videospielindustrie und NBA: NFTs immer relevanter

Und auch die Videospiel-Industrie hat den Trend ins Auge gefasst. So stellte zum Beispiel der französische Publisher Ubisoft erst kürzlich einen neuen Service vor, mit dem es Spielern künftig möglich sein soll, NFTs zu erwerben. Laut dem Unternehmen ist zudem bereits ein erster Spieletitel geplant, indem NFT-Gegenstände erhältlich sein sollen.

Damit die digitalen Marken gehandelt werden können und dabei geschützt sind, ist es wichtig, dass sie Informationen enthalten, die ihre Einzigartigkeit belegen sowie Aufschluss über den wahren Besitzer geben. Denn theoretisch kann jede Person zuhause am Computer eine Kopie des digitalen Kunstwerks speichern oder eine eigene Aufnahme der NBA-Spielminute anfertigen.

Diese Informationen werden auf sogenannten Blockchains dokumentiert. Dabei handelt es sich um eine Vielzahl aneinandergereihter Informationsblöcke, die jeder für sich wichtige Daten wie zum Beispiel Transaktionspreis oder Angaben bezüglich der Besitzverhältnisse in Form von Codes enthalten. „Das ist wie ein großes Register“, erläutert Sandner.

Absicherung von NFTs: Blockchain-Technologie ist zuverlässige Methode

Da diese Kette auf einem Netzwerk von gleichberechtigten Computern (Peer-to-Peer) basiert, und jedes Gerät eine vollständige Kopie davon besitzt, ist es nahezu unmöglich, ein dort abgespeichertes NFT zu kopieren. Denn um einen Block mit fehlerhaften Informationen erfolgreich in die Kette einzuschleusen, müsste dies zunächst auch für sämtliche Kopien erfolgen. Die Blockchain gilt daher als äußerst sichere Methode, um Daten zu speichern und die Besitzverhältnisse von NFTs zuverlässig wiederzugeben.

Doch die Technologie, mit der auch diverse Kryptowährungen verwaltet werden, steht aufgrund des damit verbundenen immensen Stromverbrauchs teils heftig in der Kritik. Zu Unrecht, wie Sandner findet: „Der hohe Verbrauch bezieht sich – Stand heute – nur noch auf die Verwaltung des Bitcoin. NFTs haben auf den Stromverbrauch keine großen Auswirkungen.“ Grund dafür sei die Absicherung gegen äußere Einwirkungen. Dort benötige der Bitcoin als „einzig echte dezentrale Plattform“ deutlich mehr Energie als NFTs, erläutert der Ökonom. Laut ihm gehe es bei der Kritik ohnehin vielmehr um den CO2-Ausstoß, der damit einhergeht.

Blockchain- und NFT-Technologie: Nachteile und Schwächen sind Fehlanzeige

„Wenn nur der reine Stromverbrauch betrachtet wird, müsste auch Weihnachtsbeleuchtung in der Kritik stehen und abgeschaltet werden. Stromverbrauch zu moralisieren und zu entscheiden, was ,guter’ und was ,schlechter’ Verbrauch ist, ist meiner Meinung nach äußerst kritisch zu betrachten.“

Der 41-Jährige ist sich sicher: An Blockchain- und NFT-Technologien wird es künftig kein Vorbeikommen mehr geben. Sie würden sich demnach in „allen möglichen Varianten“ weiter verbreiten. Wirkliche Schwächen oder Nachteile sieht Sandner bei den Verfahren außerdem nicht. Insbesondere Unternehmen sollten sich laut ihm daher möglichst frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzen. „Firmen, die sich damit nicht befassen, laufen Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten“, sagt der Experte. (Jan Lucas Frenger)

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